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Beratung, die die Augen öffnet

Psychologin Suzy Lotfy berät im Ägyptisch-Deutschen Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration.

Beratung, die die Augen öffnet

Dr. Suzy Lotfy ist Psychologin mit fast 25 Jahren Berufserfahrung. Im Interview erzählt sie, welche psychosoziale Unterstützung Menschen im Ägyptisch-Deutschen Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration (EGC) bekommen können.

Frau Lotfy, welche Art von psychosozialer Unterstützung bietet das EGC an und wer profitiert davon?

Unser Team bietet psychosoziale Unterstützung für Menschen in verschiedenen Lebenssituationen an. Eine Gruppe, die wir beraten, sind Rückkehrerinnen und Rückkehrer, die nach Jahren im Ausland nach Ägypten zurückkommen. Viele haben Probleme, sich hier wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Oft sind sie enttäuscht und frustriert, dass der Aufenthalt im Ausland nicht so erfolgreich war wie erhofft. Sie wünschen sich jemanden, der Verständnis für ihre Emotionen zeigt und ihnen zur Seite steht.

Wer kommt noch zu Ihnen?

Zum Beispiel Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich am Arbeitsplatz zurechtzufinden. Sie haben vielleicht schon einen oder mehrere Jobs ausprobiert, scheitern aber immer wieder. In der Beratung versuchen wir herauszufinden, woran es liegt. Wir helfen den Menschen zu verstehen, nach welchen Mustern sie in beruflichen Situationen handeln. Gemeinsam entwickeln wir einen Plan für eine positive Veränderung: Wir finden heraus, an welchen Kompetenzen und Verhaltensweisen sie arbeiten können. Das Ziel ist, mit neuen Fähigkeiten und einer neuen Einstellung einen neuen Job zu finden.

Kostenloses Angebot

Ist die psychosoziale Beratung kostenpflichtig?

Die psychosoziale Beratung im Zentrum ist kostenlos. Das EGC bietet dieses Dienstleistung für alle Ägypterinnen und Ägypter an – egal, welches Alter oder Geschlecht, welche Religion oder Hautfarbe sie haben. Beim EGC ist jeder willkommen.

Wie lange dauert die psychosoziale Betreuung und wie läuft sie ab?

Es gibt keine feste Dauer – wir arbeiten zusammen, bis unser Ziel erreicht ist. Wenn eine Person einen neuen Job findet, können wir die Beratung während der Übergangsphase so lange fortsetzen, wie es nötig ist. Hat sich die Person an ihrem neuen Arbeitsplatz eingelebt, können wir die Betreuung beenden. Wir passen unsere Unterstützung individuell an.

Austausch in der Gruppe macht selbstbewusst

Wie sieht der Ablauf bei der Gruppenberatung aus?

Die Gruppentreffen spielen eine besondere Rolle in der psychosozialen Beratung. Durch den Austausch mit anderen werden die Menschen selbstbewusster. Gerade Frauen haben oft Probleme, Grenzen zu setzen und „Nein” zu sagen. Das kann dazu führen, dass sie sich verletzt und frustriert fühlen. Außerdem sind sie sich ihrer Rechte häufig nicht bewusst und erkennen nicht, wenn sie Missbrauch am Arbeitsplatz erleben. Das alles sind Themen, die uns bei der Gruppenberatung beschäftigen. Wir schaffen einen sicheren Raum, um schwierige Themen zu teilen.

Was ist das häufigste Problem, mit dem die Menschen ins Zentrum kommen?

Ein Problem ist häufig das geringe Selbstwertgefühl. Viele fühlen sich, als seien sie nicht gut genug, nicht ausreichend. Das führt zu einer fehlenden Selbstbehauptung im Berufsleben.

Situationen im Rollenspiel üben

Wie motivieren Sie die Menschen, die in einer Krise stecken?

Jeder Mensch hat etwas im Leben, ohne das er nicht weitermachen kann, wenn es fehlt. Im Beratungsprozess finden wir gemeinsam diese „Lücke“. Ich unterstütze die Menschen dabei, sich wieder mit ihren Lebenszielen zu verbinden, damit sie in der Lage sind, gute Entscheidungen für sich zu treffen.

Zuhören und Perspektiven erarbeiten, das gehört zur Arbeit von Dr. Lotfy

Mit welchen Methoden arbeiten Sie dabei?

Ich mag es nicht, fertige Lösungen vorzugeben. Jede einzelne Person betrachte ich auf Augenhöhe. Eine der Methoden, die ich dabei anwende, ist das Rollenspiel. Ich bitte mein Gegenüber, die Angestellte oder den Angestellten zu spielen, während ich die Rolle der Chefin übernehme. Wir tauschen die Rollen, bis die Person sich sicher genug fühlt. So lernt sie, wie sie sich in einer ähnlichen Situation bei der Arbeit verhalten kann.

Unterscheidet sich Ihre Herangehensweise bei Frauen und Männern?

In unserem Team verteilen wir uns meistens so, dass die Gruppen für Frauen von einer Psychologin und die Männergruppen von einem Psychologen geleitet werden. Unsere Beobachtung ist, dass die Menschen sich so wohler fühlen und offener darüber sprechen, was sie bedrückt.

Wir schaffen einen sicheren Raum, um schwierige Themen zu teilen.
Suzy Lotfy