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„Wer eine Frau ausbildet, bildet die Gemeinschaft aus"

 Eine Frau (Eseosa Okuku) in buntem Kleid lächelt in die Kamera
Eseosa Okuku ist Komponentenleiterin und Gender Expertin beim Nigerianisch-Deutschen Zentrum für Migration und Entwicklung (NGC)

„Wer eine Frau ausbildet, bildet die Gemeinschaft aus"

Das Nigerianisch-Deutsche Zentrum für Migration und Entwicklung (NGC) legt großen Wert darauf, Frauen mit seinen Serviceangeboten zu erreichen. Eseosa Okuku erklärt, wie das gelingt und warum es wichtig ist.

Warum legen Sie im NGC einen besonderen Schwerpunkt auf Frauen?

In Nigeria gibt es ein Sprichwort, das besagt: Wer eine Frau ausbildet, bildet die Gemeinschaft oder sogar die Nation aus. Frauen geben ihr Wissen weiter. Deshalb ist es wichtig, sie zu unterstützen – für mehr Gleichheit in der Gesellschaft. Dennoch gibt es in Nigeria noch immer viele Hindernisse für die wirtschaftliche Integration von Frauen. Dazu gehören kulturelle und soziale Normen, Diskriminierung und ein eingeschränkter Zugang zu Bildung und Finanzdienstleistungen. Wir legen übrigens auch einen besonderen Schwerpunkt auf Menschen mit Behinderungen und Binnenvertriebene.

Rund 45 Prozent Ihrer Klient*innen sind Frauen. Wie erreicht das Zentrum so viele Frauen?

Es ist wichtig, dass wir Programme anbieten, die zu den Bedürfnissen von Frauen passen. Wir beraten persönlich und fragen nach den Zielen der Frauen. Neben fachlichen Trainings bieten wir auch psychosoziale Unterstützung für Frauen an, die Opfer von Menschenhandel oder häuslicher Gewalt geworden sind.

In Nigeria sind es meistens Frauen, die sich um die Kinder kümmern. Deshalb bieten wir Kinderbetreuung an, damit Mütter an unseren Schulungen teilnehmen können. Die Schulungen sind so gestaltet, dass sie in den Alltag der Kundinnen passen. Zum Beispiel mit Pausen, damit Mütter Kinder von der Schule abholen können.

Beratungen und Schulungen werden in den lokalen Sprachen angeboten. Das ist wichtig, um Menschen mit sehr unterschiedlichen Bildungsniveaus zu erreichen.

Was ist noch wichtig, damit Frauen an den Kursen teilnehmen können?

Da die meisten der Teilnehmerinnen über kein eigenes Geld verfügen, kümmern wir uns um die Finanzierung der An- und Abreise. Das Geld für die Fahrtkosten wird auf Bankkonten eingezahlt. Nach unserer Erfahrung haben die meisten Frauen, die an den Schulungen teilnehmen, kein eigenes Konto, sondern nutzen das Konto ihres Mannes. Wir unterstützen die Frauen dabei, ein Konto auf den eigenen Namen zu eröffnen. Unsere Schulungspartner laden bei den Trainings Bankangestellte ein, die bei der Eröffnung eines Kontos helfen. Dies ist der erste Schritt zu finanzieller Unabhängigkeit und eigenem Geld, da die Frauen das Konto auch nach der Schulung weiter nutzen können.

Wie erfahren Frauen von Ihren Programmen?

Viele Frauen erfahren von uns durch Freund*innen soziale Medien oder Informationsveranstaltungen. Andere erfahren von unseren Aktivitäten durch unseren Partner, das Bundesministerium für Arbeit und Beschäftigung in Nigeria. Und einige Frauen hören von uns auch durch andere Partner und Netzwerke, mit denen wir zusammenarbeiten.

Gibt es auch spezielle Programme für Frauen, die an einer regulären Migration nach Europa interessiert sind?

Ja, denn Frauen in Nigeria zeigen großes Interesse an regulärer Migration. In der Vergangenheit wurden Frauen meist als Ehefrauen der migrierenden Männer gesehen. Das hat sich geändert. Frauen wollen auswandern, um sich weiterzubilden oder in europäischen Ländern zu arbeiten.

Das haben wir im März gesehen, als wir eine Informationsveranstaltung über Studium, Arbeit und Berufsausbildung in Deutschland organisiert hatten. Anschließend haben wir individuelle Beratungen angeboten und viele Frauen kamen. Wir bereiten sie auf die reguläre Migration vor und bieten spezielle Schulungen an. Hier können sie ihre Fähigkeiten erweitern – für die Arbeitsmärkte in der EU und auch speziell in Deutschland.

Welche Ausbildungsprogramme sind bei Frauen beliebt?

Kurse im Bereich Mode und Schönheit werden überwiegend von Frauen besucht. Wir bieten aber auch Schulungen für Frauen in Berufen an, die eher von Männern dominiert werden. Zum Beispiel die Autoreparaturschulung mit der ersten weiblichen Mechanikerin in Nigeria, Sandra Aguebor. Mit Kursen wie „Women in Tech“ bilden wir Frauen in Informations- und Kommunikationstechnologie und Künstlicher Intelligenz aus. Und hier sehen wir, dass sich mehr Frauen dafür interessieren.

Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die über einen Berufswechsel oder eine Migration nachdenken?

Frauen, die über einen Berufswechsel oder eine Migration nachdenken, sollten sich gut informieren. Das NGC bietet kostenlose und unverbindliche Beratungen an. Gemeinsam mit den Frauen, schauen wir uns ihre Fähigkeiten, Interessen und Qualifikationen genau an und unterstützen dabei, den passenden Weg und die richtigen Kontakte zu wählen. Frauen sollten immer daran denken, dass sie die gleichen Rechte auf Informationen und Unterstützung haben wie Männer.

Stand: 04/2024

Frauen bei NGC

  • Persönliche Beratung und Betreuung: Jede Frau erhält Unterstützung, um ihre Ziele zu erreichen.
  • Angebote in lokalen Sprachen: Kurse und Beratung werden in den Sprachen angeboten, die von den Teilnehmer*innen gesprochen werden.
  • Transportstipendium für Schulungen: Wir bieten finanzielle Unterstützung, um die Kosten für den Transport zu unseren Schulungsprogrammen zu decken.
  • Hilfe bei der Eröffnung von Bankkonten: Wir unterstützen Kund*innen bei der Eröffnung eines Bankkontos.
  • Kinderbetreuung: Wir bieten eine Kinderbetreuung für Mütter an, die an unseren Kursen teilnehmen.
  • Pausen für Mütter: Frauen mit schulpflichtigen Kindern können in den Pausen der Trainings ihre Kinder von der Schule abholen.

Weitere Erfahrungen