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Ghana: Training für traditionelle Meinungsführer*innen zu Migration

Drei Nanas, traditionelle Autoritäten in ghanaischen Gemeinschaften, wollen mit ihren Botschaften viele Menschen erreichen.

Ghana: Training für traditionelle Meinungsführer*innen zu Migration

Das Ghanaisch-Europäische Zentrum für Jobs, Migration und Entwicklung hat traditionelle und religiöse Meinungsführer*innen rund um das Thema Migration trainiert. Sie sind wichtige Ansprechpersonen für viele Menschen in Ghana.  

Wer überlegt, Ghana zu verlassen und zum Beispiel nach Europa aufzubrechen, hat oft viele Fragen. Ratsuchende wenden sich häufig an traditionelle und religiöse Meinungsführer*innen, die sie kennen und denen sie vertrauen. Diese haben daher einen großen Einfluss auf das Migrationsverhalten, aber auch auf das öffentliche Bild von Migration und damit auf die Meinung über Rückkehrer*innen, die oft mit Ablehnung zu kämpfen haben und Unterstützung bei der Wiedereingliederung brauchen. 

Weil diese Führungspersönlichkeiten eine so wichtige Rolle in den Gemeinschaften spielen, hat das Ghanaisch-Europäische Zentrum für Jobs, Migration und Entwicklung (GEC) ein besonderes Training zu regulärer Migration angeboten, um sie zu schulen. 45 von ihnen kamen für eine Woche in der Bono-Region im Westen Ghanas zusammen, um etwas über Migration und Grundlagen der Beratung zu lernen.   

45 Führungspersönlichkeiten aus der Bono-Region im Westen Ghanas haben beim Training rund um das Thema Migration mitgemacht.

Grundwissen über Migration

Kwaku Yeboah, Berater beim GEC in Accra, hat das Training organisiert. Mit den 45 Teilnehmenden steht das GEC-Team schon länger in Kontakt. „Drei Bereiche sind beim Training besonders wichtig“, erklärt der Berater. Die ersten beiden sind das Grundwissen über reguläre und irreguläre Migration. Der dritte Bereich ist die psychische Gesundheit.  

Die Trainer*innen vermittelten den Teilnehmenden grundlegendes Beratungswissen. Dazu gehören Strategien für den Umgang mit vulnerablen Personen und mit Stigmatisierung. Die Teilnehmenden lernten auch Stress- und Depressionsmanagement: Vermittelt wurde zu erkennen, wann Personen besonders gefährdet sind und deshalb an Fachleute vermittelt werden müssen, etwa an Therapeut*innen oder Ärzt*innen. Gerade unter den Rückkehrer*innen gibt es viele, die schlimme Erfahrungen gemacht haben.   

Nana Afia will über die Gefahren von irregulärer Migration informieren.

Vorbilder mit großem Einfluss

Traditionelle und religiöse Meinungsführer*innen spielen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Informationen. Sie werden akzeptiert und sind als Vorbilder gesellschaftlich hoch angesehen. Als Respektspersonen können sie auch eingreifen, wenn es zu Streit kommt und Rückkehrende etwa mit Worten angegriffen werden. Oft werden die Menschen nach der Rückkehr von ihren Familien und im Freundeskreis verachtet und schlecht behandelt. Sie gelten als Versager*innen, weil der Start im Ausland nicht geglückt ist. 

„Zurückgekehrte Migranten dürften nicht ausgegrenzt werden“, betont Nana Afia aus Jakeprom. Nana ist ein Titel für eine Führungspersönlichkeit. „Wir müssen die positive Rolle der Rückkehrer*innen anerkennen“, sagt Nana Afia. „Es gibt einige, die zurückkehren und ihr Wissen und ihre Erfahrungen an andere weitergeben.“ 

Es ist wichtig, dass sich Meinungsführer*innen für den Kampf gegen die irreguläre Migration einsetzen, denn viele Migrant*innen sterben bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen. „Ich habe jetzt die Bedeutung unserer Rolle erkannt. Wir als traditionelle Autoritäten können die Menschen für die Gefahren der irregulären Migration sensibilisieren“, sagt Nana Afia.  

Wichtig ist auch, über reguläre Migration Bescheid zu wissen. „Für mich ist nichts falsch daran, mit den richtigen Dokumenten in ein europäisches Land zu migrieren. Doch die meisten wissen nicht, welche Papiere man braucht, um sich legal in Europa aufhalten zu können“, erläutert Nana Afia. Auch diese Informationen wollen die Meinungsführer*innen weitererzählen, damit die Menschen wissen, was sie tun müssen.  

Wer ausreisen will, muss beispielsweise einen Reisepass bei der zuständigen Behörde beantragen. Zudem muss er oder sie ein Einladungsschreiben, einen Kontoauszug, eine Krankenversicherung und vieles mehr vorweisen können.  

Philip will sich gegen Stigmatisierung von Rückkehrenden einsetzen, dabei hilft ihm neues Wissen aus dem Training.

Informationen über Möglichkeiten in Ghana

Aufklärung ist wichtig, besonders für Jugendliche in Ghana. Im Training lernen die Teilnehmenden aufzuzeigen, welche Möglichkeiten junge Menschen in Ghana haben. Erst wenn diese ihre Chancen im eigenen Land wirklich kennen, kann es auch um die Überlegung gehen, ob sie ihr Land trotzdem verlassen. Und wer das nach reiflicher Überlegung letztendlich immer noch vorhat, sollte dies nur mit den richtigen Dokumenten tun. 

Durch das Training werden die traditionellen und religiösen Meinungsführer*innen mit dem nötigen Wissen über berufliche Perspektiven in Ghana ausgestattet, um es an ihre Netzwerke weiterzugeben. Philip ist Journalist und zugleich Pastor in der Christ Embassy Church. Er freut sich sehr über das neue Wissen und die Methoden, die er bei dem Training gelernt hat.  

„Zum Glück habe ich zwei Rollen: Rundfunksprecher und Pastor. Ich werde beide Plattformen nutzen, um die Jugend über reguläre und irreguläre Migration aufzuklären. Die Lektionen über psychische Gesundheit und Stigmatisierung finde ich besonders hilfreich. In der Region Bono gibt es viele Rückkehrende, die die gefährliche Route durch die Wüste nach Europa genommen haben“, sagt Philip. Nach dem Training weiß er, wie er selbst Stigmatisierung entgegenwirken kann. Außerdem hat er gelernt, welche Möglichkeiten es gibt, gegenzusteuern, um psychische Erkrankungen nicht entstehen zu lassen.  

Miteinander diskutieren und nach Perspektiven in Ghana suchen – auch das gehörte zum Training.

Vorurteile über psychische Erkrankungen ausräumen

Nana Adjoa Mary, Lehrerin und Beraterin, will ihre Schüler*innen sowie Kolleg*innen über Migration aufklären. Deshalb hat sie an dem Training teilgenommen. „Es ist wichtig, dass auch in der Schule die Themen reguläre und irreguläre Migration sowie psychische Gesundheit diskutiert werden.“ 

Jugendlichen und Kindern müsse auch vermittelt werden, Menschen mit psychischen Problemen nicht zu stigmatisieren. Sie müssten lernen, psychisch kranke Menschen als Mitglieder der Gemeinschaft zu akzeptieren, betont die Lehrerin. Verbreitet ist der Irrglaube, dass psychische Krankheiten nicht heilbar sind. Im Training wird auch vermittelt, wie man sich um Menschen kümmert und ihnen Mitgefühl entgegenbringt, wenn sie bereits stigmatisiert wurden. 

Von den Teilnehmenden des Trainings wird erhofft, dass sie fortan noch stärker als Botschafter*innen handeln und in ihren Gemeinden Informationen verbreiten und aufklären. Damit prägen sie die Erzählungen und Erfahrungen über Migration, die sich die Menschen in Ghana weitererzählen. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag für Ghanas Migrationspolitik. 

Wir als traditionelle Autoritäten können die Menschen für die Gefahren der irregulären Migration sensibilisieren.
Nana Afia

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