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„Wir unterstützen Kinder dabei, Veränderungen zu meistern“

Kinder brauchen Raum für Entwicklung. / Copyright: Adobestock

„Wir unterstützen Kinder dabei, Veränderungen zu meistern“

Es sind nicht nur Erwachsene, die nach längerer Zeit im Ausland nach Kosovo zurückkehren. Für Familien und besonders für die Kinder ist das oft ein Weg mit großen Herausforderungen. Das Deutsche Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere (DIMAK) in Pristina bietet Unterstützung für alle an. Ramadan Islami, Koordinator am DIMAK, berichtet darüber im Interview. 

Herr Islami, welche Belastungen kann Migration für Familien und besonders für Kinder mit sich bringen?

Migration ist ein schwieriger Prozess für alle Familienmitglieder. Viele Menschen, die sich für Migration entscheiden, wollen ein besseres Leben finden. Aber Wünsche und Erwartungen, wie sich das Leben durch die Migration verändern soll, werden nicht immer erfüllt. Den Migrationsprozess zu durchlaufen, aber keine bessere Lebensqualität zu erreichen und in das Herkunftsland zurückkehren zu müssen – das alles kann die Menschen psychisch sehr belasten. In Familien verbreitet sich dann oft ein Gefühl des Scheiterns. Es kommt dann zu Konflikten zwischen Familienmitgliedern, besonders wenn das gesparte Geld verwendet wurde, um die Migration zu ermöglichen.

Wie erleben das Jungen und Mädchen?

Das Wort, das bei der Migration eine große Rolle spielt, ist „Veränderung“. Vor schwierigen Veränderungen stehen besonders Kinder: Schulwechsel, neue Freunde finden, eine neue Sprache lernen und sich in ein neues Umfeld, eine neue Kultur einfinden. Geldschwierigkeiten und Unzufriedenheit der Familie belasten zudem auch die jüngsten Familienmitglieder erheblich.

Welche Hilfen sind für die Kinder besonders wichtig, wenn sich Familien entscheiden, in ihr Herkunftsland zurückzukehren?

Die Bedürfnisse der Kinder variieren und sind auch abhängig von der Zeit, die sie im Ausland gelebt haben. Wenn Kinder den größten Teil ihres Lebens in einem anderen Land verbracht haben, wird die Anpassung an das Herkunftsland schwieriger. Daher ist es wichtig, die Kinder zu unterstützen, damit sie die Veränderungen meistern und sich nach der Rückkehr an das neue Umfeld gewöhnen: Sie müssen sich an das neue Schulsystem anpassen oder Albanisch lernen. Um neue Freunde zu finden, sollten sie sowohl andere zurückgekehrte Kinder als auch die aus der lokalen Bevölkerung kennenlernen. Die Unterstützung von Kindern beim Einleben in das Herkunftsland trägt auch zu ihrem psychischen Wohlbefinden bei.

Worauf sollten Berater und Beraterinnen mit Blick auf die Kinder achten?

Bei Kindern ist es wichtig, jede Art von psychischen Belastungen, Traumen, Depressionen, Ängste, Anzeichen von Misshandlungen oder jedes verdächtige Verhalten zu erkennen. Ziel ist es, dass das betroffene Kind so schnell wie möglich angemessene Unterstützung von Spezialisten oder Spezialistinnen erhält. Es ist auch wichtig zu prüfen, ob es Kleidung, Schulmaterialien oder zusätzliche Unterstützung in der Schule braucht. Insgesamt liegt der Schwerpunkt darauf, die Entwicklung der Kinder im Herkunftsland und eine nachhaltige Wiedereingliederung zu unterstützen.

Welche Familienkonstellationen haben Sie in der Beratung erlebt?

Nach unserer Erfahrung verlassen Familien das Land meistens gemeinsam. Manchmal wandert nur der Vater aus, Mutter und Kinder bleiben im Herkunftsland. In einigen Fällen sind es auch die Kinder, insbesondere junge Männer, die das Land verlassen, sobald sie das erwerbsfähige Alter erreichen. Sie verlassen dann ihre Eltern und Geschwister. Bei der erstgenannten Gruppe kehrt normalerweise die ganze Familie wieder zusammen zurück, aber manchmal auch nur die Mutter und die Kinder. Das bedeutet, dass die Mutter nach der Rückkehr die einzige Bezugsperson ist, und der Vater versorgt die Familie aus der Ferne. Je nachdem, wie lange der Vater fernbleibt, kann es für die Kinder belastend sein, keine Vaterfigur zu haben, die sie regelmäßig sehen. Und die Mütter erleben die Belastung, sich allein um ihre Kinder kümmern zu müssen.

Wie unterstützt das DIMAK Familien und stärkt Kinder in Kosovo?

Als DIMAK stärken wir Familien und Kinder – sowohl rückkehrende als auch aus der lokalen Bevölkerung – durch Informationen und Beratung in drei Bereichen. Erstens durch psychosoziale Unterstützung: Vor allem Rückkehrer und Rückkehrerinnen werden durch angepasste psychologische Einzel- und Familienberatung unterstützt. Wir bringen die Betroffenen mit den entsprechenden Spezialisten und Spezialistinnen in Kontakt. Psychosoziale Unterstützung kann sowohl präventiv als auch kurativ sein. Es ist vorbeugend, wenn es das Risiko für die Entwicklung psychischer Gesundheitsprobleme verringert. Es ist heilend, wenn es um Menschen geht, die bereits psychosoziale Probleme haben und sich belastet fühlen.

Und was sind die weiteren Bereiche der Unterstützung?

Wiedereingliederung und Beschäftigung. Das DIMAK bietet eine Beratung für Familien und Einzelpersonen, die zurückkommen. Wir unterstützen sie bei der Rückkehr und nach ihrer Ankunft in Kosovo. Wir vermitteln Kontakte für die Wohnungssuche und zu Bildungskursen und bieten Informationen zu Rechts- und Gesundheitsfragen. Außerdem unterstützen wir Rückkehrende und Leute aus der lokalen Bevölkerung dabei, realistische Entscheidungen über ihre Ausbildung und Beschäftigung zu treffen, damit sie Möglichkeiten für eine geeignete Karriere finden. Wir helfen Menschen, Lebensläufe zu erstellen, Bewerbungsverfahren zu durchlaufen und Ausbildungskurse zu finden. Das ist oft auch für Jugendliche sehr wichtig, damit sie eine Perspektive sehen.


Stand: 03/2022

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