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Virtuelle Jobmessen – ein Format mit Zukunft

Earli Shima (Albanien) und Marija Brankovic (Serbien) im gemeinsamen Online-Interview.

Virtuelle Jobmessen – ein Format mit Zukunft

Den zukünftigen Arbeitgeber online kennenlernen – virtuelle Jobmessen machen es möglich. Auch die Deutschen Informationszentren für Migration, Ausbildung und Karriere (DIMAK) in Serbien und Albanien nutzen dieses Format. Marija Brankovic vom DIMAK Serbien und Earli Shima vom DIMAK Albanien sprechen in einem Doppelinterview über ihre Erfahrungen mit virtuellen Jobmessen und die Herausforderungen und Chancen des Konzepts.

Warum virtuelle Jobbörsen – war die Corona-Pandemie der Auslöser?

Marija Brankovic: Die Pandemie hat die Art und Weise verändert, wie Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren und schulen. Die virtuelle Stellensuche und die digitale Kommunikation mit den Arbeitgebern gewinnen immer mehr an Bedeutung. Andererseits ist die Möglichkeit der virtuellen Teilnahme für unsere Zielgruppen weniger fordernd, da sie sich unter normalen Umständen oft unsicher fühlen.

Anmutung der virtuellen Jobmesse in Serbien.

Earli Shima: Die Welt und unsere Lebensweise werden immer digitaler, deshalb hat es in Albanien bereits in den vergangenen Jahren virtuelle Messen gegeben. Das Format ist keine direkte Antwort auf die Pandemie; es ist eher eine natürliche Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Welt. Die Messe legte einen Schwerpunkt auf die Wiedereingliederung und Beschäftigung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern aus Deutschland und Drittländern, sprach aber auch auf die lokale Bevölkerung stark an.

Was sind die Vorteile einer virtuellen Messe für die Teilnehmenden?

Earli Shima: Sie hat viele Vorteile: Wenn man im Norden Albaniens wohnt, muss man nicht ans andere Ende des Landes reisen, um einen Job zu suchen. Die Teilnehmenden können die Plattform nutzen, um bequem aktuelle Informationen zu erhalten und sich mit potenziellen Arbeitgebern in ganz Albanien zu vernetzen. Früher gingen Arbeitssuchende in der Regel zum Arbeitsamt in ihrer Stadt und fragten dort nach geeigneten Stellen. Wir haben einen nationalen Markt geschaffen, auf den jede und jeder von der eigenen Umgebung aus zugreifen kann; wir haben ein Netzwerk von Verbindungen angeboten und Brücken zwischen Arbeitssuchenden und Arbeitgebern aus ganz Albanien gebaut.

Marija Brankovic: Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Messe in Serbien hatten vorher weder eine E-Mail-Adresse noch einen Lebenslauf – jetzt schon. Das DIMAK arbeitete mit der Nationalen Arbeitsagentur (NES) und lokalen Nichtregierungsorganisationen zusammen, um Online-Hotspots in ganz Serbien zu organisieren, an denen junge Aktivistinnen und Aktivisten Menschen vor Ort unterstützten, die sonst nicht an einem solchen digitalen Format teilnehmen könnten. Mobile Teams in mehreren Städten und Dörfern halfen den Bürgerinnen und Bürgern beim Zugang zur Plattform und führten sie durch die virtuelle Umgebung. Dadurch erhielten marginalisierte Gruppen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dank dieser Initiative nahmen 136 Personen aus Randgruppen an der Messe teil, darunter 43 Rückkehrerinnen und Rückkehrer.

Wie bewerten Sie den Erfolg der Messen?

Earli Shima: Wir sind sehr zufrieden, die Messe war komplett ausgebucht. Auf der virtuellen Plattform, die wir eingerichtet haben, hatten wir 5.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit über 100 Unternehmen Informationen austauschten. Unter den Teilnehmenden waren etwa 500 Rückkehrerinnen und Rückkehrer. 203 davon kamen aus Deutschland. Insgesamt gab es 2.974 freie Stellen bei den vertretenen Unternehmen. Mehr als die Hälfte davon konnte inzwischen besetzt werden.

Marija Brankovic: Die Kapazitäten waren auch bei uns voll ausgeschöpft: Wir hatten 7.500 Teilnehmende, davon 1.599 Rückkehrerinnen und Rückkehrer. Es gab Interesse aus ganz Serbien – und einen sichtbaren Erfolg. In Leskovac, im Süden des Landes, wurden direkt nach der Messe 70 Personen eingestellt, davon 19 Rückkehrerinnen und Rückkehrer. Die Medien zeigten großes Interesse, wodurch auch die nationale Arbeitsagentur ins Rampenlicht gerückt wurde.

Was kam besonders gut an und was wird auch in Zukunft relevant bleiben?

Marija Brankovic: Vor allem unsere Webinare zum Thema bessere Beschäftigungsfähigkeit für soziale Randgruppen, die parallel zum Hauptprogramm stattfanden, wurden gut angenommen: Expertinnen und Experten informierten über spezifische Themen. Eines davon befasste sich mit der Selbstdarstellung gegenüber dem Arbeitgeber und trug den Titel „Wie überlebe ich ein Vorstellungsgespräch?“ Das Webinar wurde von einem Kommunikationsexperten gehalten. Ein Experte für Arbeitsrecht hielt einen Vortrag zum Thema: „Welche Rechte habe ich, wenn ich einen Arbeitsvertrag unterschreibe?“. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, ihre Fragen vor der Jobmesse an die Fachleute zu schicken, die diese dann in den Webinaren beantworteten. Aus meiner Sicht war es auch gut, dass die Website der Messe noch einen Monat später zugänglich war, so dass Personen, die die Chance zur Teilnahme verpasst hatten, die Webinare später ansehen konnten. Außerdem will die Arbeitsagentur das Konzept nun ausweiten und zum Beispiel in Zukunft mehrere lokale, dezentrale virtuelle Jobmessen organisieren.

Earli Shima: Auch bei uns blieb die Plattform noch zwei Wochen lang online und die entsprechenden Informationen über die offenen Stellen blieben verfügbar. Viele Leute schätzten auch, dass die Veranstaltung kostenlos war und sie keine weiten Anfahrtswege hatten. Auch die Aussteller selbst profitierten sehr von dieser Maßnahme, da sie aufgrund des digitalen Charakters der Jobmesse keine Ausgaben für Standmiete, Druckmaterialien und Logistikkosten hatten. Daher wird das Format auch in den nächsten Jahren relevant bleiben.

Stand: 08/2021

Die virtuelle Stellensuche und die digitale Kommunikation mit den Arbeitgebern gewinnen immer mehr an Bedeutung.
Marija Brankovic

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